Im letzten Beitrag wurde deutlich, dass ein Ausbau der 170 Jahre alten Bestandsstrecke Hannover-Minden-Bielefeld auf Tempo 300 nicht möglich ist. Die Zielfahrzeit von 31 min aus dem Deutschlandtakt kann nur mittels einer Neubaustrecke Hannover-Bielefeld erreicht werden. Bahn frei für die Planung! Lineal nehmen und los geht’s…
Die Luftlinientrasse.
Warum nicht einfach die kürzeste Verbindung zwischen Hannover und Bielefeld verwenden? Die Luftlinie (siehe Bild unten) verbindet die beiden Hauptbahnhöfe mit einer Streckenlänge von nur 91,3 km und damit mehr als 18 km kürzer als die Bestandsstrecke!
Die Luftlinie ist die kürzeste Verbindung zweier Punkte, also liefert diese Strecke auch die kürzest mögliche Fahrzeit zwischen den beiden Städten. In der Tabelle sind diese aufgelistet, inklusive der Ersparnis zur heutigen Streckenführung.
Höchstgeschwindigkeit | Fahrzeit (Ersparnis) |
160 km/h | 36 min (7) |
200 km/h | 29 min (5) |
230 km/h | 26 min (5) |
250 km/h | 25 min (4) |
280 km/h | 23 min (4) |
300 km/h | 23 min (3) |
Die Folge dieser Luftlinienstrecke ist eine im Vergleich zu heute lotrechte Kreuzung des Hannoveraner Hauptbahnhofs. Das würde ein Tunnel unter der Stadt erfordern, beginnend im Westen bis in den Osten, wo ein Anschluss an die Strecke nach Berlin erfolgen muss.
Um diese Gedankenspiel vollständig zu machen, ein paar Daten zum Hannoveraner Stadttunnel:
- Dieser müsste im Westen bei Hannover-Empelde beginnen
- Östlicher Streckenast verläuft bis Misburg (in Richtung Kreuz BAB2/BAB7)
- Westlicher Tunnelstreckenast hätte eine Länge von mindestens 7 km
- Östlicher Streckenast würde etwa 21 km lang sein, bis dieser in die Bestandsstrecke einfädeln könnte, davon mindestens 9 km im Tunnel
In der Galerie ist diese Variante als bildliche Darstellung zu finden.
Zwischenergebnis
In Summe kämen zu einer 91,3 km langen Luftlinien-Neubaustrecke Bielefeld-Hannover nochmal 21 km auf der östlichen Seite von Hannover dazu, um den Anschluss an die bestehende Strecke östlich von Lehrte herzustellen, also insgesamt ca. 112 km neue Strecke.
Wie geschrieben, das ganze ist nur ein Gedankenspiel, aber diese “Linealtrasse” offenbart schon einige Problemzonen im Bereich zwischen Hannover und Bielefeld: Die Einführungen in die jeweiligen bestehenden Hauptbahnhöfe.
Einführung in den Hauptbahnhof Hannover
Als eine grundsätzliche Überlegung muss zunächst die Fahrrichtung der Züge auf der (Hochgeschwindigkeits-)Linie Köln-Berlin beachtet werden, denn die sollte sich in Hannover Hbf nicht ändern. Kombiniert mit dem Verzicht auf einen Tunnel kommen nur nördliche Einfädelungen in Frage. Auf diese Weise können die Züge anschließend weiter über Lehrte in Richtung Berlin fahren.
Auf folgende Weise kann der Hannoveraner Hbf aus Richtung Norden erreicht werden:
- Über die bestehenden Strecken aus Richtung Wunstorf in Höhe des Bahnhofs (Hannover-)Letter. Selbst eine an die BAB2 angelehnte Trassierung würde auf diese Strecke treffen. Eine noch nördlichere Einführungen erscheint daher nicht sinnhaft. Die Länge dieser Variante beträgt ca. 94,1 km.
- Von Süden kann ein Anschluss über die bestehenden Streckenast aus Richtung Hameln/Barsinghausen zwischen Ronnenberg und Empelde erfolgen. Hier besteht die Möglichkeit, die Trasse alternativ über die Güterumgehungsbahn (GUB) in Richtung Letter anzuschließen oder über Hannover Südstadt von Süden her in den Hauptbahnhof einzuführen; beide Varianten hätten eine NBS mit ca. 99 km Länge zur Folge.
Einführung in den Hauptbahnhof Bielefeld
Die Luftlinienstrecke von Hannover nach Bielefeld schneidet den westlichen Teil von Bad Salzuflen bzw. verläuft östlich des heutigen Kreuzes zwischen der Bundesautobahn BAB2 und der Bundesstraße B239 (Ast. 29 Herford/Bad Salzuflen).
Im weiteren Verlauf werden Bielefelds Stadtteil Milse sowie das Johannesbachtal gekreuzt, dass im Westen von der heutigen Bahnstrecke Hannover-Bielefeld und im Osten von der Bundesstraße 61 abgegrenzt wird. Eine solche Trassierung würde zwar eine Kurve in Brake umgehen, die nur 160 km/h zulässt, allerdings durchschneidet sie das Johannesbachtal. Zusätzlich quert diese Strecke im Bereich von Baumheide und Milse Wohnbebauung, die aufgrund der Topologie nicht in Tunnellage geführt werden kann.
In diesem Fall könnte allerdings unsere Luftlinienstrecke in Brake auf die Bestandsstrecke geführt und angeschlossen werden. Die Differenz ergibt eine nur um ca. 1,5 km längere Strecke als die reine Luftlinie.
Ergebnis: Luftlinie+
Die Ergebnisse dieser Überlegung berücksichtige ich in der Variante Luftlinie+: Ausgangspunkt ist der Hannoveraner Hauptbahnhof, anschließend bis Letter über bestehende Gleise, dort ausfädelt und erst wieder bei Brake in die Bestandsstrecke einfädelt. Streckenlänge: 95,6 km.
Jetzt fehlt noch die Berechnung der Fahrzeit. Problematisch bei der Auswahl dieser Streckenvariante ist die Mitbenutzung der bestehenden Gleise, die sich — wie bereits geschrieben — nicht auf 300 km/h Höchstgeschwindigkeit ausbauen lassen. Allein für die Überschlagsrechnung gehe ich von maximal 160 km/h aus. Außerdem sind beide Abschnitte jeweils 7 km lang. Die Fahrzeiten stehen in der nächsten Tabelle.
Höchstgeschwindigkeit | Fahrzeit (Ersparnis) |
160 km/h | 37 min (6) |
200 km/h* | 32 min (3) |
230 km/h* | 29 min (2) |
250 km/h* | 28 min (1) |
280 km/h* | 26 min (1) |
300 km/h* | 26 min (0) |
Fazit
Aus der Betrachtung der Luftlinie lässt sich schon eine Erkenntnis ableiten: Wenn auf einen Tunnel unter Hannover verzichtet werden soll, so ist die kürzeste Streckenführung 95,6 km lang und kann nicht unter 26 min befahren werden!
Ausblick
Im nächsten Beitrag werde ich weitere Varianten der Trassenführung betrachten, insbesondere soll es um Autobahnnahe Varianten gehen.