Das Ziel des vom Bundesministerium für Verkehr und Infrastruktur (BMVI) gegenwärtig geplanten s. g. Deutschlandtakts soll ein Taktfahrplan mit festgelegten Umsteigebahnhöfen (Knoten) für den Schienenverkehr sein. Die Nutzer erhält dadurch möglichst kurze und umsteigearme Verbindungen von Abfahrts- bis zum Endbahnhof. Mit den Nutzern sind an dieser Stelle sowohl Reisende als auch Güter gemeint.
Das Vorgehen besteht darin, für den gesamten Schienenverkehr Deutschlands einen optimalen Gesamtfahrplan zu erstellen. Dieses umfasst sowohl Fern- und Nah- als auch Güterverkehr (Link zur Interessenvertretung des Schienenverkehrs). Auf Basis des heutigen Netzes und des heutigen Bedarfs werden optimale Umsteigebahnhöfe ermittelt. An diesen Knoten soll sich dann die Netzwirkung entfalten. Die Fahrzeiten zwischen diesen Knoten müssen ebenfalls passend gemacht werden, ggf. sind dann Ausbauten bzw. neue Strecke nötig.
Wäre dieser optimale Gesamtfahrplan gefunden, ergäben sich geradezu paradiesische Zustände auf den Schienen: In der kürzest möglichen Zeit ohne Verspätung von A nach B zu kommen.
Problemchen
Meine Überspitzung deutet es schon an, woran der Idealzustand noch scheitern kann: der Realität. Und die sei in ein paar Punkten benannt (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):
- Das deutsche Schienennetz stellt nun nicht die perfekte Ausgangsbasis für einen idealen Taktfahrplan zur Verfügung: Das seit 1835 errichtete Netz ist zunächst nach lokalen bzw. regionalen Gesichtspunkten errichtet worden, ohne die Vision eines Deutschlandtaktes. Folglich bedarf es Ausbauten der Infrastruktur, um gewünschte Fahrzeiten zu erreichen.
- Welchen Sinn ergibt ein integrierter Fahrplan, wenn es tariflich gar nicht möglich ist, einfach zwischen Fern- und Nahverkehr umzusteigen?
- Ist es überhaupt zulässig, einen sich rhythmisch (z.B. stündlich) wiederholenden Fahrplan zu erstellen, wenn es auch Anbieter gibt, die nur einmal pro Tag fahren wollen? Ist das möglicherweise diskriminierend?
- Welche Reserven bietet das für den Deutschlandtakt angepasste Netz um auf wachsende Nachfrage reagieren zu können?
- Ist ein Hochgeschwindigkeitsverkehr mit einer Spitzengeschwindigkeit von 300 km/h bei den Halteabständen in Deutschland vor dem Hintergrund der Klimadebatte sinnvoll?
Motivation
Einen Idealfahrplan wird es (wahrscheinlich) nicht geben. Aus diesem Grund sollte und muss das Veröffentlichte kritisch hinterfragt werden, um eventuelle Probleme und Inkonsistenzen im Vorfeld zu entdecken.
An dieser Stelle möchte ich den Deutschlandtakt aus der Perspektive Ostwestfalens betrachten und bewerten. Insbesondere vor dem Hintergrund einer angedachten kostenintensiven Neubaustrecke von Bielefeld nach Hannover. Für diese Strecke müssen erhebliche Mittel aufgewendet werden, die an anderer Stelle möglicherweise fehlen.
Vorgehen
In den nächsten Wochen werde ich mich zunächst mit den Trassenverläufen einer Neubaustrecke beschäftigten. Anschließend werde ich versuchen, den geplanten Betrieb zu beleuchten.
Bisher — zum Beginn des Planungsdialogs — sind erschienen:
- Beitrag: Allgemeine Betrachtungen zum Ausbau Hannover-Bielefeld.
- Beitrag: Trassen für 300 km/h (1/3)
- Beitrag: Trassen für 300 km/h (2/3)
- Beitrag: Trassen für 300 km/h (3/3)
Mit dem Fortschreiten des Planungsprozesses habe ich meine Überlegung schärfen können. Anhand der von DB Netz veröffentlichten Grobkorridorkarte konnte ich denkbare Trassenvarianten erarbeiten. Die Varianten sind in den folgenden Beiträgen erläutert:
5. Beitrag: Grobkorridore und grobe Fahrzeiten
6. Beitrag: Fahrzeitbudget und Grobtrassen
Wo geht es weiter?
Hier geht es zu den Beiträgen: