Eine Neubaustrecke zwischen Hannover und Bielefeld soll für eine Höchstgeschwindigkeit von 300 km/h gebaut werden. Dieses ist eine Notwendigkeit im Hinblick auf den geplanten Deutschlandtakt. Im vorangegangenen Beitrag habe ich mich in diesem Zusammenhang mit der Luftlinienstrecke auseinandergesetzt. In diesem Beitrag soll es Streckenvarianten gehen, die sich aus der Bündelung mit der Bundesautobahn A2 zwischen Hannover und Bielefeld ergeben.
Warum autobahnnah?
Kurze Rekapitulation: Eine Geschwindigkeitserhöhung auf der bestehenden Strecke über Minden kann aufgrund der geringen Kurvenradien nicht erfolgen. Damit liegt eine neue Streckenplanung auf der Hand.
Die Planung entlang der Luftlinie führt zwar zu einer möglichst kurzen Strecke, aber diese durchkreuzt zwischen Hannover und Bielefeld die Gemeinden von Barsinghausen, Lauenau, Auetal und Rinteln in Mitten der Wohnbebauung. Um nicht neue Schneisen durch diese Gemeinden zu schlagen liegt es nahe, auf einen bestehenden Korridor zu schauen, in diesem Fall die BAB2. Dieses Vorgehen wurde bereits Ganz oder in Teilen bei anderen Hochgeschwindigkeitsstrecken (HGS) angewendet:
- HGS Köln-Rhein/Main in Bündelung mit der BAB3
- HGS Nürnberg-Ingolstadt mit der BAB9
- HGS Erfurt-Nürnberg mit der BAB71
- in Zukunft HGS Rhein/Main-Mannheim mit der BAB5/67
Bündelung bedeutet nicht, dass eine Fahrspur der Autobahn dem Eisenbahnverkehr zugeschlagen wird, sondern nur, dass in unmittelbarer räumlicher Nähe gebaut wird. Unter Umständen passen Neigung oder Kurvenradien der Autobahn nicht zu den Planungsparametern einer Eisenbahnstrecke.
Ziel ist jedoch, mit Hilfe dieser räumlichen Nähe eine weitere Schneise in der Landschaft zu vermeiden.
Autobahnnahe Trasse für 300 km/h
Die erste Variante, die in wesentlichen Teilen der BAB2 folgt, ist in der nächsten Abbildung in orange dargestellt. Sie enthält folgende markante Wegpunkte:
- beginnend im Hannoveraner Hbf zweigt sie in Letter nach Süden ab und verläuft in einem Kilometer Abstand parallel zum Mittellandkanal.
- Südöstlich von Kohlenfeld wird der Anschluss an den Streckenverlauf der BAB2 hergestellt: die Trasse macht hier einen Bogen und schwenkt in Parallellage zur A2 ein.
- Die Strecke verläuft südlich bzw. südöstlich von Bad Nenndorf und Rodenberg, Auetal und Bad Eilsen, sowie nordwestlich von Lauenau.
- Südwestlich von Luhden wird dann das Wesergebirge gekreuzt.
- Die Autobahnanschlussstelle Veltheim wird südlich passiert.
- Im Bereich zwischen der heutigen Eisenbahnstrecke und der BAB2 wird die Weser überquert.
- Der Bereich des Autobahnkreuzes, also westlich der Weserquerung, ist im Hinblick auf den Kurvenradius anspruchsvoll: hier muss der kleinstmögliche Radius von ca. 3350 m gewählt werden, um die HGS autobahnnah führen zu können.
- Der nächste Wegpunkt ist die Kreuzung von BAB2/B239 zwischen Herford und Bad Salzuflen bzw. die Autobahnanschlussstelle (AST) 29.
- Nördlich des Autobahnparkplatzes OWL wird die autobahnnahe Trassierung verlassen und die Strecke nördlich des heutigen Bahnhofs Brake (b. Bielefeld) in die Bestandsstrecke eingefädelt.

Die Streckenlänge dieser Variante beträgt: 102 km. Immerhin mehr als 7 km kürzer als die Bestandsstrecke, aber rund 6 km länger als die Variante Luftlinie+.
Ein wenig Optimierung muss doch möglich sein…
Autobahnnahe, aber optimierte HGS
…und ein Blick auf die Karte lässt die Vermutung aufkommen, dass der Bogen am Kreuz Bad Oeynhausen abgekürzt werden kann und zwar indem die BAB 2 bei der AST 34 Veltheim verlassen wird und direkt auf die AST 31 Vlotho-West (Exter) zuläuft. Dabei überquert die HGS die Weser nördlich von Uffeln und Vlotho. Der der westlichen, sprich der Seite von Vlotho, führt diese Variante durch den Amtshausberg.

Diese minimale Optimierung verkürzt die HGS um immerhin 2 km, also beträgt die Streckenlänge noch 100 km.
Variante Bückeberg
Mit der Variante habe ich mich schon ein wenig von der Autobahn gelöst, dieses sei noch weiter betrieben. Die HGS (mit dem Startpunkt Hannover) wird nördlich der Gemeinde Auetal am Rande des Bückebergs entlanggeführt, bis zur AST 35 Bad Eilsen.
Die Querung des Wesergebirges folgt wie in den bisherigen Varianten, aber auf der westlichen Seite verläuft die Strecke im Bogen um Eisbergen um bei Veltheim über die Weser zu laufen. Vlotho wird in dieser Variante südlich passiert. Die HGS verläuft bis zur AST 29 Herford/Bad Salzuflen an der BAB2, und ab hier wie gewohnt bis zum Bielefelder Hauptbahnhof.

Streckenlänge: 99 km.
Wie auf den Karten zu sehen ist, verlaufen diese Varianten praktisch alle nördlich der Luftlinie. Gibt es auch noch südliche Varianten?
Südliche HGS-Varianten
Ja, auch südliche Varianten sind denkbar: Eine Deisternord- und eine Deistersüdumfahrung. In beiden Varianten wird Hannover über Letter und die Güterumgehungsbahn in Richtung Empelde/Ronnenberg verlassen.
Wird der Deisternordumfahrung gefolgt, so fädelt die HGS bei Lauenau in die autobahnnahe Variante ein. Anschließend verläuft sie geradlinig durch das Wesergebirge und überquert die Weser zwischen Rinteln und Preußisch Oldendorf. Unter dem Rumbecker Berg biegt die Strecken aus südwestlicher in westliche Richtung ab, fast geradlinig bis zur AST29 Herford/Bad Salzuflen.

Die Streckenlänge beträgt 103 km. Aber — das muss an dieser Steller erwähnt werden, ist der Umweg über den Hannoveraner Süden 4 km lang.
Mit der letzten Variante dieses Beitrags möchte ich dann ganz von der Autobahn lösen: Diese Variante quert den Deister im südlichen Bereich, verläuft nördlich von Bad Münder und im Süden von Hessisch Oldendorf, anschließend wird im Rumbecker Berg die oben genannte Variante erreicht. Streckenlänge: 104 km.

Fahrzeiten
In der folgenden Tabelle sind die zugehörigen Fahrzeiten aufgelistet. Wie zuvor geschrieben, sind bei den autobahnnahen Varianten insgesamt ca. 14 km nur mit maximal 160 km/h befahr, da hier über die Bestandsstrecken in die jeweiligen Hauptbahnhöfe gefahren wird.
Bei den südlichen Varianten ist dieser Streckenabschnitt deutlich länger, ca. 21 km, da die GUB in Hannover mitbenutzt wird.
Variante | Streckenlänge | Fahrzeit |
Autobahnnah (orange) | 102 km | 27 min |
Autobahnnah optimiert (gelb) | 100 km | 27 min |
Autobahnnah, Bückeberg (grün) | 99 km | 27 min |
Südliche HGS (gelb)* | 103 km* | 29 min* |
Südliche HGS (rosa) | 104 km | 29 min |
Fazit
Die autobahnnahen Varianten scheinen im Hinblick auf den Deutschlandtakt die notwendige Zielfahrzeit von 31 min zu liefern. Dabei haben sie noch ca. 4 min Puffer. Die beiden südlichen Varianten hingegen besäßen nur 2 min Pufferzeit.
In diesem Beitrag habe ich ein paar denkbare Varianten einer HGS Hannover-Bielefeld skizziert. Als einzigen Planungsparameter berücksichtigte ich ausschließlich den notwendigen Kurvenradius von min. 3350 m zur Streckenkonstruktion — genauso wenig sind bisher betriebliche Belange eingegangen. Bevor ich auf diese und weitere Punkte komme wird es im nächsten Beitrag um Hybridtrassen gehen, d.h. Varianten, bei denen ein Teil für 300 km/h neugebaut und ein anderer Teil “nur” ausgebaut wird.